Rekapitulation zur Teilnahne an der Bosnia-Rally 2024

Nachdem ein paar Tage vergangen sind, seit meiner Teilnahme an der Bosnia-Rally 2024 mit meiner BMW R 1250 GS „Rocket“, ist es an der Zeit in Form einer Zusammenfassung nochmals auf ein paar reflektierten Punkte einzugehen. Auch wenn „Zusammenfasung“ hier vielleicht das falsche Wort ist 😂

Teilnahme mit einer BMW R 1250 GS (bzw. einer schweren Reise-Enduro)


Ja es ist sicher nicht das ideale Bike für eine Rally. Die BMW R 1250 GS ist grundsätzlich schon viel zu schwer für dieses Einsatzgebiet. Kommt auch noch dazu, dass gerade hier ein 21‘‘ Vorderrad es einem auch einfacher machen würde über all das Geröll hinwegzurollen. -> Es ist aber absolut machbar! Es kostet einfach um einiges mehr Energie, als mit einer leichten Enduro ala Kove 450 Rally, KTM 690/Husquarna 701 etc.

Dennoch hat es mit meiner GS viel Freude gemacht, hier teilzunehmen und hätte dies sicher nicht gegen eine Yamaha Tenere 700 eintauschen wollen.

 

Ich habe 3 Vorteile der BMW-GS gegenüber den anderen Motorrädern festgestellt:

  1. Schlauchlos-Reifen sind bei so einer Verantstalltung echt ein grosser Vorteil. Ich hatte keinen Platten! Die Kollegen mit Schlauchreifen waren gefühlt in jeder Kurve am Wechseln der defekten Schläuche. Mit Mousse könnte man bei denen das Problem sicher auch lösen 😉
  2. Die GS schiebt wie ein Traktor nach oben und gerade das hohe Drehmoment bei tiefen Drehzahlen helfen hier enorm. 
  3. Der tiefe Schwerpunkt der GS helfen das Gewicht im Griff zu haben. Dort wo es die leichten Enduros auf dem groben Geröll immer wieder versetzt und verschlagen hat, konnte man mit der GS einfach durchpflügen

Voraussetzung mit einer schweren Reiseenduro teilzunehmen? -> Mann muss sein Bike kennen und schon im Griff haben. Egal ob bei schneller Fahrt durch diverse unbefestigte Untergründe, wie auch in langsamer Fahrt durch technische Passagen. Wer meint 1 Offroad-Kurs in Hechlingen oder ähnliches würde reichen, wird sich verletzen und das Bike permanent in das grobe Geröll werfen!!

Ich möchte hier niemanden abschrecken, aber nehmt das bitte ernst.

 

Mit einer leichten Enduro von maximal 170kg ist die Teilnahme sicher viel entspannter und auch einfacher zu fahren.

 

Was sind die Schäden an meiner GS „Rocket“ nach der Bosnia-Rally?

=> Ganz kurz gesagt: KEINE 😎 Brauche nur neue Reifen und der Luftfilter sollte gewechselt werden

Offroad-Bedingungen der 5 Stages


Ich war schon an einigen unwirklichen Orten mit meiner GS. Es war auch oft mal schwierig. Die 5 Stages hier an der Bosnia-Rally weisen aber schon recht herausfordernde unbefestigte Untergründe auf für eine schwere Reiseenduros. Die Kombination von immer wieder schwierigen Passagen gepaart mit sehr langen Offroad-Fahrtagen, machen es in Summe so anspruchsvoll.

 

Thema Adventure-Track zur Umfahrung der selektiven Stellen

Um die ganz schwierigen Passagen umfahren zu können, gab es speziell für die schweren Reise-Enduros und/oder Anfänger den sogenannten Adventure-Track (früher auch als Light-Track bezeichnet). Ich habe diese Umfahrungen jeweils genommen und bin danach auf den Kreuzungspunkten einfach wieder ins Roadbook eingestiegen (dies war extra so geplant worden vom ORGA-Team 👍🏻). Es gab zwar welche, die auch mit einer GS diese selektiven Stellen gefahren sind, aber es wurde von dem ORGA-Team explizit angesprochen, dass man mit den schweren Maschienen dies nicht machen soll. Daran habe ich mich gehalten, da ich als Erstteilnehmer auch nicht einschätzen konnte, ob es denn machbar für mich wäre oder eben nicht. Ich habe es aber auch aus dem Grund sein lassen, da ich den anderen nicht die Freude dieses Tracks nehmen wollte, indem ich da immer wieder mal an kniffligen Stellen am Boden und somit denen im Weg liege. Spass hatte ich auch sonst und da bricht mir kein Zahn aus der Krone, dass ich diese Tracks nicht gefahren bin 😏

 

Was vielleicht noch zu erwähnen wäre zu den „Adventure-Tracks“ als „leichte“ Umfahrungen. Also diese hatten es teils schon auch in sich und ich würde nicht sagen, dass diese leicht sind. Teile davon fand ich jedenfalls schwieriger als alles was mir bis heute in Offroad-Trainings begegnet war; und wir sprechen hier nur von den Umfahrungen der selektiven Stellen 😂

 

Was gabs denn so für Untergründe?

Eigentlich von alles etwas, was Bosnien-Herzegowina Offroad zu bieten hat:

  • Steile Auffahrten, teils auch lange, mit feinem bis sehr groben Schotter durchzogen und das Ganze auch mit 90-Grad Wenden drin. Es gab da auch Stellen, wo sogar richtig grosse Steine in Weg lagen.
  • Auf- und Abfahrten im Wald mit tief ausgewaschenen Rillen -> Man musste den richtigen Pfad nehmen, sonst kams nicht gut 😏
  • Wasserdurchfahrten auf Wiesenabschnitten (nur wenige, da es doch sehr trocken war. Es wären einige mehr gewesen, wenn es mehr geregnet hätte vorher!)
  • Überquerungsetappen von Wiesenflächen. Teils mit sichtbaren Wegen, teils mit unsichtbaren Spurrillen unter dem Gras. Man merkte es spätestens, wenn das Vorderrad im Gras am Rand einer Spurrille anschlug und einem aus der Bahn warf 🙈
  • Felsiger Untergrund mit scharfkantigen Steinen und Felsschnittflächen. Fühlte sich teils auch an wie scharfkantiger Pfastersteinbelag 😜
  • Walddurchfahrten und Fahrten auf Forststrassen. Teils lehmig, teils trocken mit Kies versetzt
  • Sand. Auf dem Adv.-Track nicht tiefer, auf der normalen Pfad teils tiefer Sand an einem Strand
  • Single-Tracks durchs Gebüsch -> Nein man sah nicht, was vor einem Lag, da man damit beschäftigt war die Äste aus dem Gesicht zu halten 😂
  • Feinschotterige und teils mit Schlaglöcher durchzogene „Hochgeschwindigkeitspisten“ zum Heizen 😬 
  • Überwinden von Senken
  • Diverse Möglichkeiten für Sprünge 🙃
  • Natürlich auch Asphalt auf den Verbindungen zwischen 2 Offroad-Sektionen. Insgesamt aber ein kleiner Anteil

Reifenwahl und Anzahl Ersatzreifen


Bei mir sicher Speziell. Ich war wohl einer der wenigen, welche mit dem Motorrad auch angereist ist auf Achse. So eine Anreise mit einem 20/80er oder noch Geländeorientierteren Reifen zu machen, machte keinen Sinn. An der Bosnia-Rally selbst gilt: „Desto grobstolliger das Profil, desto besser“.

Ich hatte mich für den Heidenau K-60 Ranger (30/70er Reifen) entschieden, welcher auch sehr gut funktioniert hatte; zumindest solange noch Profil da war 😂

Als Alternative hätte ich den Mitas Enduro Trail XT+ (20/80er Reifen) genommen in der DAKAR-Version (härtere Karkasse). Alles unter einem 70% Offroad-orientiertem Reifen, wäre fehl am Platz an der Bosnia-Rally. Bei Schlauchlosreifen hilft auf jeden Fall eine Reifen mit einer verstärkten und sehr harten Karkasse um Platten vorzubeugen. -> Ein GS-Fahrer hatte einen Metzler Karoo-4 drauf und hatte einen Platten 🤷🏼‍♂️

 

1 Reifensatz hat mir an der Bosnia-Rally nicht gehalten. Spätestens nach der Hälfte (Tag-3) sollte der Reifen gewechselt werden. Es zählt hier nicht, ob noch genügend gesetzliches Profil vorhanden ist, sondern wie gut die Stollen noch sind und ob diese noch Traktion aufbauen können oder eben nicht mehr. -> Mein Heidenau sah nach 3 Tagen aus, als ob man mit einer Schrotflinte darauf geschossen und mit einer Feile schön brav alle Kanten gebrochen hätte 🙈.

 

=> Mindestens 2 Reifensätze für hinten einplanen. Vorne reicht auch 1, je nach Reifen

 

Sollte man mit Schlauchreifen unterwegs sein, würde ich diesen Event nur mit Mousse fahren. Auf gar keinen Fall mit Schläuchen! Da bist du tendenziell die ganze Zeit am Strassenrand am Schlauch wechseln bei kuscheligen 36 Grad 🥵 Das Belastet in meinen Augen unnötig!

Ein Wort zur Offroad-Bekleidung


Es gab viele Verletzungen… in meinen Augen sogar zu viele! Ich habe auch etwas beobachtet, was andere Fahrer so an hatten und muss sagen, dass ich einige Sachen gesehen habe, welche nicht reichen für so was! Fand es auch schade, dass seitens ORGA nicht klar definiert wurde, was man haben muss. Man hätte sich hier einfach der FIM-Richtlinien aus dem Profisport bedienen können.

 

Was hatte ich denn dabei:

  • Orthema Orto-Max Jacket (ohne weiteren Brustpanzer)
  • Orthema Neckbrace -> In meinen Augen absolute Pflicht!!!!!
  • unter dem Orto-Max Jacket ein Merino-Langarm-Shirt -> Warum ein Langsarm-Shirt bei so heissen Temperaturen? Ganz einfach: somit klebt die Protektorenjacke nicht so auf der Haut, dass man diese kaum mehr abziehen kann und 2. hält es die Protektoren besser an Ort und Stelle
  • Offorad-Handschuhe -> Eigentlich schlechter Schutz, aber bessere Gefühl für das Motorrad und somit geringere Sturzgefahr (gilt aber primär einfach für mich; habe viele Jahre Kampfsport gemacht und falle dadurch nie auf die Hände, da Abrollen automatisiert ist 😏)
  • Enduro-Jersey über der Protektorenweste -> hat keine Funktion 🤷🏼‍♂️
  • Als Hose die BMW Karakum Offroad-Hose mit Knie.- und Hüftprotektoren. -> War recht heisst in der Hose, hat mich aber gut geschützt
  • Offroad-Helm mit Offroad-Brille (hatte Abreisvisiere dabei und davon jeden Tag 3 drauf. Ohne diese unbedingt Ersatzglas für die Brille mitnehmen!) -> Und nein ich habe die Abreisvisiere nicht in die Natur geschmissen, sondern in meiner Hosentasche verstaut 😏
    In einem Adventure-Helm wirst du übrigens anhand zu wenig Lüftung gekocht!
  • Trinkrucksack mit Trinkblase -> Ein absolutes MUSS. Sonst trinkt man zu wenig und das ist schnell Ende mit der Batterie
  • Echte Endurostiefel. Keine Adventure-Stiefel, da diese meist eine Goretex-Membran drin haben und einfach viel zu warm sind und diese schützen auch zu wenig. -> Es gab hier auch einige Schien- und Wadenbeinbrüche…

Nach Rücksprache mit einem Offroadkollegen, muss ich diesem Recht geben -> Bei Stürzen mit Rutschen, hatte ich so keinen Abriebschutz am Oberkörper; Jersey und Protektorenweste hätte es einfach durchgerieben

 

Was würde ich nächstes Mal anders machen?

Ich möchte mir die Aplinestars Tech-Air Offroad Protektorenwesten (https://www.alpinestars.com/products/tech-air-off-road-system) kaufen. Diese erspart mir einerseits das Neckbrace und 2. bietet diese besseren Schutz bei Stürzen aus hoher Geschwindigkeit. Abgesehen davon kann diese bis 2mal auslösen und selbst dann bietet sie noch klassisch guten Schutz als Protektorenhemd.

Faktor Erlebnis & Teilnehmer/Community


Die Community hat mich einmal mehr beeindruckt hier an der Bosnia-Rally. Es gab gefühlt eine ganze Motorradfabrik vor Ort. So gut wie kein Teil, das nicht irgend einer hatte. Nicht nur dass die Teile vor Ort vorhanden waren; diese wurden auch geteilt. Natürlich nicht gratis, aber sie wurden geteilt! -> So konnte mir zum Glück ein anderer Fahrer mit einem neuen Hinterreifen aushelfen 🤗

Man half sich gegenseitig auch wo man konnte. Auf der Strecke, wo Rocket mal wieder im Gemüse lag, kam ich nicht mal zu Fragen, schon standen teils mehrere andere Fahrer da und halfen mir -> Das ist richtig Geil liebe Motorradfamilie ❤️

 

Ich bin als „Einsamer Wolf“ an die Bosnia-Rally gegangen und kannte da eigentlich niemanden. Ich wurde aber in jeder noch so eingeschworenen Gruppe immer freundlich aufgenommen und durfte mich dort eine Weile dazugesellen. So fühlte ich mich selten Alleine und habe viele neue Leute kennengelernt.

 

Die ganze Bosnia-Rally ist natürlich ein absolutes Erlebnis. Diese geschafft zu haben mit einer schweren BMW R 1250 GS verstärkt den Erlebnisfaktor nochmals und dieser Event wird mir für immer als absolut gelungenes Abenteuer gut in Erinnung bleiben. Auch in Bezug auf meine Offroad- und Navigationsfähigkeiten mit Roadbook bin ich an diesem Event gewachsen.

 

Wie man auf schweizerdeutsch so sagt:

Äs isch eifach as geils Abentür gsi 😜

Würde ich nochmals teilnehmen?


Ja das möchte ich gerne. Ob dies jedoch wieder mit der GS sein wird, stelle ich etwas in Frage….Ich weiss nun, dass man es viel leichter haben könnte aus eigener Erfahrung. Dies würde jedoch bedingen, dass ich
A) ein leicheres Offroad-Bike habe und
B) diese auch verladen kann für den Transport nach Kupres.

 

Mal schauen, was die Zukunft bringt. Rein vom Event her, würde ich auf jedenfall wieder teilnehmen, egal mit was für einem Bike

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Kommentare: 2
  • #1

    Adventurebiker (Samstag, 27 Juli 2024 17:18)

    Danke für diesen schönen und informativen Bericht!

  • #2

    Stephan (Samstag, 24 August 2024 18:24)

    Danke für den Bericht, kann ich als Erstteilnehmer mit einer 1200 GS und Anreise auf eigener Achse nur bestätigen. Bergauf ist das ein Traktor, bergab hast Probleme die Fuhre zu bremsen. Wenn sie mit den Rädern bergab auf dem Zylinder lümmelt, dann hebt sie sich leicht auf. Liegt der Zylinder aber in einer Spurrille, dann sind helfende Hände gefragt.
    Dieses Jahr war ich mit einer Husaberg am Start; 21“ Vorderrad, 140kg vollgetankt - es ist so viel leichter, Spurrillen sind kein Horror und bergab kann man Gas geben.
    Der Heidenau hat übrigens perfekte Notlaufeigenschaften, ich bin den Anfang diesen Jahres rd. 50 km mit 0,00 Bar Druck auf der Straße gefahren. Er war nen Ticken lauter und in den Kurven etwas schwammiger, aber sonst ging’s ganz gut �
    Abrieb mit Jersey - da finde ich die Kombination Hartschalenprotektorenweste evtl. etwas besser, so rein psychologisch, ausprobieren will ich’s aber nicht. Meine Lösung dafür - leichte Meshjacke mit Cordura-Pads an den üblichen Stellen. Bei einer Airbagweste hätte ich die Bedenken, dass nach zwei Stürzen doch kein Schutz mehr da ist, oder irre ich mich? Mich hat’s in 2023 beim Prolog 4 mal abgelegt (daher weiß ich das mit den Spurrillen und so), die Protektorenweste hat es nicht interessiert �
    Wir sehen uns in 2025 auf der Bosnia ��